Egoismus vs Selbstliebe: Wo verläuft die Grenze?

Selbstliebe zeigt eine Frau mit langen brauen Haaren, die ihr eigenes Spiegelbild umarmt. Egoismus zeigt eine Frau mit langen braunen Haaren, die ihr eigenes Spiegelbild bewundert.

Table of Contents

In der heutigen Zeit der Individualisierung ist es schwierig zu sagen, wo die Selbstliebe endet und Egoismus beginnt…

In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Community über alles gestellt, auch über das individuelle Wohlbefinden. Was zur Folge hatte, dass aus vielen Menschen People Pleaser ohne eigene Grenzen wurden. Sowie die „Narzissten“, die diese (nicht vorhandenen) Grenzen nur zu gern verletzen.

Jetzt stehen wir mitten im Umbruch, wo die eigene Individualität und Heilung im Vordergrund stehen.

Aber:

Wie viel Individualität ist wirklich gesund?

Wo fängt die Individualität und die eigene Selbstliebe an und wo wird es zum puren Egoismus?

Wie viel Individualität ist die Welt bereit zu tragen, bevor wir uns aus völliger Selbstbezogenheit von anderen vollkommen isolieren und keine Rücksicht mehr auf Andere nehmen?

Der schmale Grat zwischen gesunden Grenzen und Rücksichtslosigkeit

 

Kürzlich habe ich eine Liste von Qualitäten erstellt, die ich in einer Freundschaft suche (aus dem Buch: Belong von Radha Agrawal).

Die Liste enthielt 3 Spalten:

      • Qualitäten von Freunden, die ich suche
      • Qualitäten, die ich nicht suche
      • Qualitäten, die ich verkörpern muss, um diese Menschen in mein Leben anzuziehen.

Ich bin alle Eigenschaften, die ich suche und nicht suche, durchgegangen, um herauszufinden, ob ich noch etwas bei mir finde, was mich zu keiner guten Freundin „qualifizieren“ würde.

Dabei musste ich bei dem Thema Egoismus tiefer graben. Aus meiner Sicht würde ich mich nicht als egoistisch betrachten, doch die eigene Wahrnehmung unterscheidet sich oft deutlich von der Fremdwahrnehmung – insbesondere, weil der Grat zwischen Egoismus und Selbstliebe sehr schmal sein kann.

Generell könnte man sagen, dass man bei Selbstliebe NEIN sagt, um sich selbst treu zu bleiben, ohne absichtlich jemandem anderen schaden zu wollen. Bei Egoismus sagt man NEIN, nur um den eigenen Vorteil zu sichern, unabhängig von den Auswirkungen auf andere.

Prüffragen: So erkennst du deine wahren Beweggründe

 

Aus diesem Anlass heraus habe ich ChatGPT gebeten mir zu helfen, einen Rahmen zu erstellen, anhand dessen wir überprüfen können, was Egoismus und was Selbstliebe bedeutet.

 

Mit diesen 5 Reflexionsfragen kann man die konkrete Situation oder die allgemeine Herangehensweise beurteilen, ob es sich nun um Akt der Selbstliebe oder nur um puren Egoismus handelt.

 

Frage dich bei jeder Situation:

  • Absicht – Mache ich das, um mich selbst zu schützen/nähren oder um mich über andere zu stellen?
  • GleichgewichtProfitiere nur ich davon oder können auch andere etwas Positives daraus ziehen?
  • RespektRespektiere ich die Bedürfnisse und Gefühle anderer, auch wenn ich meine eigenen priorisiere?
  • TransparenzKann ich offen dazu stehen, warum ich so handle, ohne mich zu schämen?
  • Langfristige Wirkung – Baut meine Handlung Vertrauen und Verbindung auf oder zerstört sie Beziehungen?

 

30 Alltagssituationen anhand welcher du beurteilen kannst, ob es sich um Egoismus oder Selbstliebe handelt?

 

Anbei findest du 30 Situationen, anhand welcher du beurteilen kannst, ob es sich um Egoismus oder Selbstliebe handelt.

Versuche dabei, nicht nur schwarz oder weiß zu denken, denn das Leben ist viel komplexer und es kommt auf den Gesamtkontext an und auch an deine Kommunikation.

Ich kann mich erinnern, als ich mit der ganzen Persönlichkeitsentwicklung angefangen habe, habe ich gelernt, dass ich niemandem etwas schuldig bin und ich niemandem etwas erklären muss. Dies habe ich auch kurz praktiziert, aber habe damit aufgehört. Natürlich erkläre ich mich nicht immer und jedem, aber ein kleiner Kontext ist schon nett gegenüber dem Anderen, damit er die Situation besser nachempfinden kann.

30 Situationen – Egoismus oder Selbstliebe?

      1. Du sagst ein Treffen ab, weil du einfach keine Lust hast, obwohl der andere sich sehr darauf gefreut hat und es seit Wochen vereinbart war.
      2. Du parkst auf einem Behindertenparkplatz, nur weil alles voll ist und dieser näher am Eingang ist, obwohl du keinen Anspruch darauf hast.
      3. Du versprichst jemanden Hilfe bei einem wichtigen Projekt, erscheinst dann aber nicht, weil sich spontan etwas Besseres angeboten hat.
      4. Du behältst hilfreiche Informationen (Gatekeeping) für dich, um einen Vorteil zu haben.
      5. Du meldest dich nie bei Freunden, es sei denn, du brauchst etwas von ihnen und brichst den Kontakt sofort ab, sobald sie dir nichts mehr geben können.
      6. Du sprichst im Gespräch immer nur über dich und stellst kaum Rückfragen.
      7. Du „leihst dir etwas aus“ und gibst es später zurück, ohne vorher zu fragen.
      8. Du gehst auf eine Party, obwohl jemand, der dich sehr mag, krank alleine zuhause liegt.
      9. Du verlangst Pünktlichkeit von anderen, kommst selbst aber oft zu spät.
      10. Du nimmst Hilfe in Anspruch, bietest aber selbst selten welche an.
      11. Du bricht den Kontakt ab, ohne ein Wort zu sagen oder dich zu verabschieden, nur weil du keine Lust hast, dich um die Bedürfnisse des Anderen zu kümmern.
      12. Du gibst ungefragt Ratschläge, ohne zu hören, ob der andere überhaupt welche will.
      13. Du triffst eine Entscheidung in einer Gruppe, ohne die Anderen miteinzubeziehen.
      14. Du gehst ins Kino, wählst aber immer den Film, den du sehen willst.
      15. Du brichst ein Gespräch ab, weil es dir langweilig wird.
      16. Du leihst dir Geld, zahlst es aber erst zurück, wenn der andere dich daran erinnert.
      17. Du isst vor anderen, ohne zu fragen, ob sie auch Hunger haben.
      18. Du nutzt gemeinsame Ressourcen (z. B. WLAN, Auto, Wasser), ohne dich um Wartung oder Kosten zu kümmern.
      19. Du verlässt dich darauf, dass andere planen, ohne selbst etwas beizutragen oder Wertschätzung zu zeigen.
      20. Du gibst ständig Versprechen, die du aber nie einhaltest.
      21. Du sagst „Nein“, wenn dich jemand um Hilfe bittet, weil du keine Lust hast (nicht, weil du überlastet bist).
      22. Du lässt Nachrichten lange unbeantwortet, obwohl du Zeit und die Energie dafür hättest.
      23. Du brichst ein Versprechen, weil dir etwas Besseres angeboten wurde.
      24. Du übernimmst die Anerkennung für eine Teamleistung bei der Arbeit, obwohl die Ideen von anderen stammen, um selbst besser dazustehen.
      25. Du unterbrichst ständig andere, um von dir selbst zu erzählen, und zeigst keinerlei Interesse an dem, was die Anderen zu sagen haben.
      26. Du erzählst jemandem etwas Persönliches über einen Dritten, ohne dessen Zustimmung.
      27. Du planst Aktivitäten immer nur nach deinem Rhythmus, ohne die Zeitpläne anderer zu berücksichtigen.
      28. Du nimmst Geschenke gern an, verschenkst aber selbst selten etwas.
      29. Du bist freundlich zu jemandem, nur weil er dir später nützlich sein könnte.
      30. Du änderst kurzfristig die Reiseroute, weil du lieber an einen Ort willst, der nur dir gefällt und zwingst alle, mitzukommen.

 

Warum der Kontext entscheidend ist

 

Viele dieser Situationen können allerdings im Kontext dennoch als Selbstliebe ausfallen. Manchmal ist es beispielsweise ein Akt der Selbstliebe, den Kontakt ohne eine Erklärung abzubrechen. Ich habe Ghosting früher nie verstanden, aber mit den Jahren habe ich erkannt, dass nicht jeder eine Erklärung verdient hat oder sie überhaupt annehmen oder verstehen kann.  Wenn wir erklären wollen, heißt es meistens, dass uns der andere noch am Herzen liegt, wir ihn respektieren oder die Situation doch noch retten wollen. Manchmal steckt hinter einem schwindenden Kontakt sowohl eine eigene Verletzung als auch Selbstliebe – etwa, wenn die Beziehung an Reziprozität verloren hat. In solchen Fällen zieht man sich still zurück, wäre aber bereit, eine Erklärung abzugeben, wenn die andere Person ausdrücklich nachfragt.

 

Frage dich bei diesen oder deinen eigenen Situationen immer:

„Mache ich es, um mich zu schützen oder zu nähren oder geht es mir nur um meinen Vorteil – selbst wenn es anderen schadet?“

Selbstschutz kann sowohl ein Akt der Selbstliebe sein, wenn er uns vor Schaden bewahrt, als auch Egoismus, wenn er aus Rücksichtslosigkeit entsteht.

 

Natürlich finden insbesondere manipulative und toxische Menschen immer genug Ausreden, um ihr Verhalten zu verteidigen. Es kann ebenfalls durchaus sein, dass wir je nach gesellschaftlichen Kontext anders handeln, beispielsweise, dass wir bei unseren Eltern oder Bezugspersonen egoistischer handeln, als beispielsweise bei unseren Freunden.

 

Ebenfalls fühlt sich Vieles, was wir zwar aus Selbstliebe machen, für andere als egoistisch an. Deshalb ist die Kommunikation wichtig. Wenn du ein Treffen absagst, weil du keine Lust hast, weil deine soziale Batterie am Ende ist, du müde oder depressiv bist, dann kommuniziere es. Wenn das dein Gegenüber immer noch als egoistisch sieht, dann ist das seine Sichtweise und nicht zwangsläufig die Realität. Egal ob wir zustimmen oder nicht zustimmen – wenn sich uns Menschen öffnen und uns mittels einer gewaltfreien Kommunikation mitteilen, wie sie sich fühlen und es nicht validiert wird oder gar belächelt wird, hat man es möglicherweise mit jemandem mit einer geringen emotionalen Intelligenz zu tun. (Das ist kein Vorwurf – viele Menschen mit geringer emotionaler Intelligenz sind noch stark in ihrem eigenen Schmerz gefangen und können daher kaum etwas außerhalb dieses Schmerzes wahrnehmen.)

 

So findest du die Balance zwischen Selbstliebe und gesundem Egoismus

 

Selbstliebe und Egoismus unterscheiden sich nicht nur in der Handlung, sondern in Absicht, Kommunikation und Auswirkung.

Die Kunst liegt darin, Grenzen zu setzen, ohne Mauern zu errichten und Raum für sich selbst zu schaffen, ohne den Raum für andere zu zerstören.

Wir müssen unsere eigenen Grenzen zunächst erkennen und respektieren. Nicht auf unsere Kosten für andere da zu sein, nur um nicht abgelehnt zu werden (People-Pleaser-Mentalität). Gleichzeitig dürfen wir unser eigenes Wohlbefinden auch einmal hinten anstellen, um für andere da zu sein. Denn nur so können wir gesunde Gemeinschaften aufbauen und die Welt zu einem besseren Ort machen.

In meinen Augen ist die Intention – die Absicht – die wichtigste Frage überhaupt:

„Tue ich es, weil ich diesen Menschen wirklich liebe und ihm helfen möchte, auch wenn ich gerade müde oder erschöpft bin?“

Oder

„Tue ich es nur aus Angst vor Ablehnung? Aus Angst, nicht geliebt zu werden? Aus Angst, als schlechter Mensch gesehen zu werden?“

 

Wie würdest du dich beurteilen? Fallen dich noch andere Beispiele ein? Lass es mich in den Kommentaren wissen.

 

Ein kleiner Beitrag – große Wirkung

Alles, was hier fließt, ist Teil eines größeren Ganzen. Durch deine Stimme, dein Kommentar, durch das Teilen dieses Beitrags oder durch eine kleine Spende (PayPal-Spende/ Revolut), wird Energie in Bewegung gesetzt. Gemeinsam gestalten wir etwas, das größer ist, als wir selbst und uns alle miteinander verbindet.

Wenn du spürst, dass du auf deiner Reise Unterstützung brauchst, kannst du dir gern einen Online-Call buchen. Ich begleite dich von Herzen auf deinem Weg.

Rechtlicher Hinweis (Disclaimer)

Alle Inhalte auf dieser Website, einschließlich Texte, Bilder und Video- und Audioaufnahmen, unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung weder kopiert, vervielfältigt noch anderweitig verwendet werden. Verstöße werden rechtlich verfolgt.

Dieser Beitrag spiegelt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen, Wahrnehmungen und Einstellungen wider. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit. Die Inhalte ersetzen keine medizinische oder psychotherapeutische Beratung, Diagnose oder Behandlung. Sie dienen ausschließlich der Wissensvermittlung und persönlichen Weiterentwicklung.

Bitte konsultiere bei psychischen oder körperlichen Beschwerden immer einen qualifizierten Therapeut*in oder Arzt/Ärztin. Die Anwendung der Inhalte erfolgt auf eigene Verantwortung.

Hinweis: Die auf diesem Blog verwendeten Begriffe wie „heilen“, „Heilung“ oder ähnliche Formulierungen dienen ausschließlich der sprachlichen Vereinfachung, besseren Auffindbarkeit (z. B. Suchmaschinen) und dem allgemeinen Verständnis. Mit „heilen“ ist ein persönlicher Erfahrungs- und Wachstumsprozess gemeint, nicht ein medizinisches Heilversprechen im rechtlichen oder medizinischen Sinn.

Facebook
X
Threads
WhatsApp

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: Content is protected !!
Nach oben scrollen